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KI und ChatGPT: Es gibt in Schule und Unterricht kein Zurück mehr

Künstliche Intelligenz (#KI) und die Verwendung des Sprachmodells #ChatGPT sind seit der Veröffentlichung im November 2022 in aller Munde. Im #twitterlehrerzimmer vergeht seither kein Tag ohne Best-Practice-Beispiele (beispielsweise von @lernenmitKI). Die Fortbildungsangebote und die Zahl der Teilnehmenden schießen regelrecht durch die Decke und auch die Presse stürzt sich auf sehr unterschiedliche Art darauf. 

In der Elternschaft und (mindestens) in unserem Kollegium schwanken die Einschätzungen von Bewahrer:innen und Veränder:innen zwischen: „Das wächst sich schon wieder raus“ über „Damit schummeln Schüler:innen nur noch“ hin zu „#ChatGPT kann virtueller Lernhelfer sein“ und „Eine gute Möglichkeit, Themen zu vertiefen und Urteilskompetenzen sowie kritisches Denken anzubahnen.“

Dass uns #ChatGPT für Überlegungen zu Unterricht, Hausarbeiten und Prüfungen mit allem Nachdruck erreicht hat, zeigt auch die schnelle Reaktion durch das Bildungsland NRW. Sehr zügig und als eines der ersten Bundesländer überhaupt hat das MSB NRW am 22.02.2023 den Handlungsleitfaden „Umgang mit textgenerierenden KI-Systemen“ veröffentlicht. Kein Verbot oder eine massive Regulierung stehen dort etwa, sondern die Einbindung der Schüler:innen und die Ermöglichung eines reflektierten Umgangs, auf den auch der erste Moodle-Kurs durch die QUA-LiS NRW setzt. Beiden Veröffentlichungen können wir erste Antworten zu Funktionsweise, Begründung und Notwendigkeit, Rechtsrahmen und letztlich auch Ideen zum unmittelbaren Umgang sowie zu regelnden Grundsätzen entnehmen. 

Der Charme der Moodle-Kurse und auch der Charme des #twitterlehrerzimmers zeigt sich einmal mehr im Teilen der Ideen, erster Aufgabenstellungen und dem gemeinsamen Ausloten der Chancen und Grenzen. Diese Ideen gehören in die Breite getragen und gemeinsam mit allen am System Schule Beteiligten ausprobiert und reflektiert. Bis Schulbuchverlage in ihren Printversionen darauf reagiert haben, hat sich die Technik schon überlebt.

Wir teilen hier mit euch im Sinne des #sharingiscaring unsere Umsetzungsideen, die - das seht ihr - vielfach inspiriert sind von Kolleg:innen, denen wir in den sozialen Medien folgen und die uns schon seit Jahresende mit ihren Überlegungen Mut machten: Hendrik Haverkamp, Claudia Potthoff, Joscha Falck, Tim Kantereit, Georg Schlamp, Kai Wörner, Cornelia Stenschke u.v.m. 

Das komplette Material findet ihr hier:

Vorlage: KI im Unterricht - unser Projekttag (kopierbare TaskCards)

Am 28.02.2023 führten wir als Klassenleitungsteam und unterstützt durch unsere Schulleitung vom Hugo-Junkers-Gymnasium mit diesem Material einen vierstündigen Projekttag durch. Weil wir Schul- und Unterrichtsentwicklung so verstehen, dass alle im System Schule Beteiligten in den Prozess integriert werden sollten, öffneten wir den Projekttag entsprechend: Neben unseren Schüler:innen und der Schulleitung waren die Schulentwicklungsbeauftragte, Schulpflegschaft und der Fördervereinsvorsitzende ebenso eingeladen wie Schulträger, ein Schulleiter des Nachbargymnasiums und der schulfachliche Dezernent der Bezirksregierung. Den Eltern unserer Klasse ließen wir das o.g. Material im Sinne der Transparenz ebenfalls zukommen.

Die Abfrage der Vorerfahrungen (angelehnt an eine Idee von Joscha Falck) ergab ein schnelles Bild: In aller Regel hatten Schüler:innen schon von #ChatGPT gehört, es für den schulischen Kontext aber bislang selten genutzt. Die ergänzende Frage danach, welche Schuldinge Schüler:innen gern an die #KI abgäben, ergab folgende aufschlussreiche Antworten:

Mehrfachnennung:

  • Hausaufgaben, Hausaufgaben aus Fächern, in denen ich nicht gut bin, Referate, Projekte, Präsentationen, schwere Aufgaben, schwierige Fragen, Klassenarbeiten, Physik, Chemie und Biologie

Einzelnennung:

  • Deutsch und Englisch, um mir einen Überblick zu verschaffen, Texte umschreiben lassen, meine Texte korrigieren lassen, lange Texte produzieren lassen, lange Texte schreiben üben

Die Ergebnisse der Schüler:innen zu Projekttagsbeginn waren wegweisend für die Phase des Ausprobierens und v.a. für das spätere Reflektieren. Unseren Prozess wollen wir als Klassenteam fortan dokumentieren: nützliche Prompts und das Prompt Engineering bis auf Weiteres - einerseits deshalb, weil wir begeistert in den sozialen Medien lesen, zu welchen Ergebnissen #ChatGPT in der Lage ist, wir aber die eigentlichen Prompts noch zu wenig in Erfahrung bringen können. Andererseits aber auch vor allem deshalb, weil wir als Klasse unseren eigenen Lernzuwachs in den Blick nehmen können und den Best-Practice-Gedanken auch in der Klasse umsetzen wollen. Das vollständige Material zu den ersten Aufgabenstellungen, Prompts und Bewertungen findet ihr in den TaskCards.

Die abschließenden Reflexionsfragen und Überlegungen waren nach den Phasen des Ausprobierens und Bewertens inhaltlich zweigeteilt:

Was bedeuten #KI und #ChatGPT für…

  • Hausaufgaben

  • Open-Media-Klassenarbeiten

  • Referate

  • den ganz alltäglichen Unterricht und vor allem

  • für mein Lernen?

Welche Regeln können wir für einen offenen und reflektierten Umgang mit #ChatGPT aufstellen?

Mit den Vorschlägen der 8a geht es kommenden Mittwoch in der Lehrerkonferenz weiter und auch die Schulpflegschaftsvorsitzende hat angekündigt, unser Vorgehen und die ersten Ergebnisse in die Breite der Elternschaft zu tragen. Blieben wir auf diese Weise miteinander im Gespräch und in Bewegung, wäre #ChatGPT bald kein heimlicher Genuss der verbotenen Frucht mehr, es könnte in geeigneten Situationen zum Sparringspartner werden. Bis dahin aber brauchen wir Zeit, um Fehler und Schwafelanfälligkeiten zu erkennen. Das gelingt am besten in gemeinsamer Lernzeit.

Wir enden mit bebilderten Eindrücken vom Tag und freuen uns auf die nächsten gemeinsamen Schritte. An diesem Tag sollte es um unser aller Vorerfahrung, Wünsche und Bedenken gehen - zeitgleich und am praktischen Beispiel. Und darum geht es uns auch in Zukunft: Damit im Sinne der Prozessorientierung, der Reflexionskompetenz und des kritischen Denkens entsprechende Überlegungen zu Unterricht und Prüfungskultur aus der Erfahrung heraus mitgestaltet und diskutieret werden können.